Sonntag, 10. Oktober 2010

Die Kunst Standzuhalten.

Was haben die Dinge, die ich erschaffe, für einen Wert, wenn ich nicht zu ihnen stehen kann? Welche Kraft hat eine Entscheidung, die Widerständen gegenüber nicht standhalten kann? Was gilt mein Wort, wenn es sich nicht über Unbequemlichkeiten hinwegsetzen kann? Welchen Wert hat eine Freundschaft, die beim ersten Missverständnis zerbricht?

Jeder Mensch lebt in seiner eigenen Logik. Gewohnheiten, Erfahrungen und soziale und familiäre Denkmuster prägen den Mensch so sehr, dass jeder wie in einer eigenen Welt lebt. Innerhalb dieser Welt erscheinen uns Zusammenhänge logisch bzw. folgerichtig. Ob das aber wirklich stimmt, zeigt sich erst im Austausch mit anderen.
Es ist meist üblich sich ein persönliches Umfeld zuzulegen, das diese eigene Welt bestätigt. Meist werden danach die Freunde ausgesucht. So kann man bleiben, wer man ist bzw. muss sich nicht wirklich verändern.

Spirituell zu leben bedeutet für mich, sich dieser innewohnenden Tendenz der Identitätsschaffung bewusst zu werden und durch gezielte Kommunikation mit anderen Menschen, die ja wiederum in ihrer eigenen Welt leben, die eigenen Muster zu überprüfen und ggf. zu ändern. Genau an dieser Stelle zeigt sich, ob ein Mensch die Fähigkeit hat standzuhalten oder eher flüchtet.
Ich glaube, die spirituellen Momente im Leben sind diejenigen, in denen man nicht Recht bekommt, in denen man einen Fehler macht, in denen man nicht bekommt, was man erwartet und in denen man nicht im eigenen Denken bestätigt wird. Diese Momente sind die echten Herausforderungen an sich selbst und die Fähigkeit sich zu ändern, denn in diesen Momenten begegnen wir unseren inneren Feinden: Ärger, Angst, Eifersucht, Arroganz, Ignoranz usw. sind meist Reaktionen, wenn das eigene Weltbild nicht bestätigt wird. Jeder Mensch hat immer wieder die Wahl, ob er dann standzuhalten will oder vor ihnen flüchten will.
Für viele ist es leichter, sich eher neue Freunde zu suchen, als sich mit den alten auseinanderzusetzen oder zu streiten. Viele wechseln eher den Lebenspartner, als sich in der bestehende Partnerschaft aktiv für Veränderungen einzusetzen. Viele ändern lieber ihre Lebensumstände, egal wie aufwendig ein Neubeginn immer wieder ist, als sich selbst zu ändern und vergessen dabei: sie nehmen sich selbst mit. Manche aber stellen sich den Widersprüchen und üben sich darin standzuhalten. Ich gehöre zu den Menschen, die immer noch da sind.

Hari AUM
Kumud D. Schramm
kumud@web.de
www.aumkara.de